Ausgangssituation und Fragestellung

Irgendwie wird das Badewasser in meiner Badewanne (Stahl-Emaille, Kaldewei Conoduo 733) doch recht schnell kalt - recherchieren in den Baufotos fördert zutage: Die Wanne steht in einem "Kasten" aus Ytong-Steinen und Gipsdielen, nicht in einem Styroporträger...
Bringt es vielleicht was, den Hohlraum um die Wanne nachträglich zu dämmen? Durch Nachdenken und Recherchieren bin ich nicht auf ein klares Fazit gekommen, scheinbar hat sich noch nie jemand die Mühe gemacht, das wirklich nachzurechnen oder zu messen - also zumindest habe ich nichts dazu gefunden.

Meinungsbild:

Die Isolierung bringt nichts, weil:

  • Die meisten Verluste treten über die Wasseroberfläche durch Abstrahlung und Verdunstung auf
  • Das Luftvolumen im "Kasten" um die Wanne ist eingeschlossen und wirkt von daher auch isolierend

Isolieren bringt was, weil:

  • Die Wasseroberfläche ist relativ klein im Vergleich mit den Wannenaussenseiten - die Verluste über die Seiten kann man nicht vernachlässigen
  • Im Wannenkasten findet Konvektion statt, die Wärme von der Wanne zur Kastenwand transportiert
  • Nicht die Luftbewegung im Wannenkasten sorgt für die Verluste, sondern die Strahlungsverluste über die Wannenoberfläche.


Die einzige Lösung: selber machen und Messen.

Projektstatus: erfolgreich abgeschlossen
Messung vorher abgeschlossen
Umbau abgeschlossen
Messung nachher 30.01.2016
- Dokumentation -
Letzte Änderung Webseite: 09.02.2016 Doku erweitert


Hinweis:
Verwendete Markennahmen sind Eigentum ihrer jeweiligen Besitzer.


Messung vorher

 

Messaufbau Badewanne
Der Messaufbau mit den vier Messstellen


Die Messung habe ich wieder mit dem 4x Pt1000-System durchgeführt, das ich schon bei dem Grauwasser-Wärmerückgewinnungsprojekt eingesetzt habe.

Messpunkt 1: Knapp über dem Wannenboden
Messpunkt 2: ca. 12cm über dem Wannenboden
Messpunkt 3: 1cm über der Wasseroberfläche
Messpunkt 4: Raumtemperatur neben dem Badewannenrand

Die Messfühler sind auf einem kleinen Holzgerüst montiert, die Einlauftemperatur wird von einem elektronischen DLE geregelt.


Messergebnisse Temperaturverlauf vor der Dämmung. Abkühlungskonstanten: -0,096342182 s-1 (unten) -0,085040817 s-1 (oben)

Einbau der Dämmung


Vorbereitung:

  1. Gibt es noch Ersatzfliesen...?
  2. Fliesen abbauen, zwei Öffnungen im Kasten an der Schmalseite zum Befüllen machen
  3. Mit einem Endoskop / kleinen Webcam in den Kasten gucken, ob er nicht mit Bauschutt gefüllt worden ist...
  4. Prüfen ob der Badewannenablauf über freiligende Teile verfügt, die von einer Schüttdämmung an der Bewegung gehindert werden. Bei dem Kaldewei-/Viega-System ist zum Glück alles gekapselt.
  5. Prüfen, ob die EPS-Perlen vielleicht über irgendwelche "Lecks" wie Installationsschächte oder Rigips-Wände entkommen können. Diese Löcher sollte man dann erst versiegeln... War bei mir zum Glück alles nicht der Fall.
  6. Ausrechnen, wie viel Dämmung man braucht - da kommen erstaunliche Mengen zusammen: ich habe bei mir knapp 0,4m3 ausgerechnet.
  7. Feuchtigkeitsunempfindliche Einblasdämmung besorgen, z.B. graphitversetzter Polystyrol-Partikelschaum 2-5mm "Joma Perl EPS 033" über Styroline, Wärmeleitfähigkeit 0,033 W/mk, 430 l kosten rund 94EUR. Geschreddertes EPS-Material wäre billiger, staubt aber wie Sau - habe ich daher nicht genommen. Zellulose oder Mineralwolle kamen mir wegen eventueller Feuchtigkeitsempfindlichkeit auch nicht so besonders sinnvoll vor, auch wenn es die nachhaltigeren Baustoffe sind.
  8. Strahlpumpe zum Füllen des Hohlraums mit den PS-Kügelchen basteln, (Druck-)luftquelle besorgen

Das Einbringen habe ich mittels einer selbstgebauten Strahlpumpe, die von der Druckseite meines Nasssaugers (Billigmodell Einhell BT-VC1250) mit Luft versorgt wird, von der Schmalseite der Wanne mit ein paar steckbaren Staubsaugerrohren vorgenommen. Ganz wichtig dabei: von der hintersten obersten Ecke anfangen zu füllen, dann verteilen sich die Kugeln komplett von selbst. Gegen einen Kugelhaufen anzupusten klappt nicht so gut.
Interessanterweise verteilen sich die Kugeln auch nicht überall außerhalb der Wanne. Das liegt vielleicht an dem Graphitanteil des Materials, es lädt sich wesentlich weniger auf als die weißen Kugeln aus den Sitzsäcken. Das Füllen dauert zwar knapp eine Stunde, läuft aber wirklich gut.
Den Karton/Sack mit den EPS-Perlen habe ich auf den Badewannenrand gestellt, und die Kugeln dann über ein Rohr in die Strahlpumpe rieseln lassen. Die "Flussrate" der Schüttdämmung kann man dann einfach mit den Fingern einstellen, wenn man mal pause macht, legt man das Rohr einfach hoch.

Viel Platz unter der Badewanne
Check 1: Der Hohlraum ist nicht mit Bauschutt gefüllt
Da erkennt man, dass unter der Badewanne wirklich viel Platz ist

 

Der Ablauf der Badewanne
Check 2: Der Bowdenzug des Ablaufs ist gekapselt, sollte kein Problem geben

 

Selbstgebaute Strahlpume
Meine Strahlpumpe besteht aus einem 1l-Tetrapack, die "Düse" ist ebenfalls aus beschichteter Pappe und Gaffa-Tape

 

PS-Perlen
Einfaches Befüllen - die Perlen rieseln direkt aus dem Sack in die Strahlpumpe
Ganz wichtig: mit einem langen Rohr von der Ecke ganz hinten befüllen, die Perlen verteilen sich dann bis nach vorne

 

Die PS-Perlen breiten sich aus
Die PS-Perlen breiten sich so langsam aus (rechts am Rand unter der Wanne)

 


Messung nachher, Auswertung


Die Mühe hat sich gelohnt:

Das Wasser bleibt länger warm, der Wannenboden kühlt sich nicht mehr so stark ab. Auch subjektiv merkt man, dass das Wasser "von unten" nicht mehr so schnell kalt wird - sehr angenehm!
Auch die Bedienung des Ablaufs per Bowdenzug funktioniert noch. Ganz klare Empfehlung: unbedingt machen!
Die Energiekosten, die man durch "kein warmes Wasser nachfüllen notwendig" spart, sind sicher weniger Wert als die EPS-Perlen, der Komfortgewinn ist allerdings nicht zu bezahlen! Mich wundert eigentlich, dass die Dämmstoffhersteller das nicht stärker bewerben.

Zum Vergleich:
Abkühlungsfaktoren vorher: -0,096342182 s-1 (unten) -0,085040817 s-1 (oben)
Abkühlungsfaktoren nachher: -0,079508947 s-1 (unten) -0,082665094 s-1 (oben)

Vor allem die Abkühlung unten hat sich verringert - was sich auch in der kleineren Temperaturdifferenz wiederspiegelt,
sie ist im Mittelwert von 2,4 Grad auf 1,4 Grad gesunken - das sind mehr als 40% weniger.


Messergebnisse Temperaturverlauf nach der Dämmung. Abkühlungskonstanten: -0,079508947 s-1 (unten) -0,082665094 s-1 (oben)
Die Abkühlungsrate hat sich deutlich verringert... das könnte aber auch an der etwas höheren Raumtemperatur liegen.

 


Zweifelsfreie Verbesserung: Die Temperaturdifferenz innerhalb des Wassers sinkt beträchtlich.