Kilowatt-Dimmer - der Plan
Im Prinzip die gleiche Ausgangssituation wie beim Dimmer Projekt #1 - EVG-Dimmer

Diesmal soll für einen 1.2kW Heizstrahler, der mit der Deckenbeleuchtung ein- und vor allem auch ausgeschaltet werden soll, eine Leistungseinstellung her - ohne dass ein zusätzliches Kabel gelegt werden konnte, mit dem der Heizstrahler unabhängig vom der Beleuchtung geregelt werden kann... was im Bestand ja eigentlich immer so ist.
Die Funkfernbedienungssysteme aus der Hausautomatisierung sind entweder VIEL zu teuer (> 200EUR für die komplette Lösung) oder nicht für Leistungen > 300W brauchbar - selbst mit kabelgebundenen Dimmern wird die Luft da schon dünn, da die Verlustleistung irgendwie weggelüftet werden muss.

Was tun? Die einfache Lösung: ein altes Projekt pimpen: aus EVG-Dimmer wird Kilowatt-DIMMER, sprich:
ein 1,2kW Dimmer, der sich mit einer IR-Fernbedienung steuern lässt.

Prinzip-Schaltbild
Prinzip-Beschaltung von Dimmer, Fernbedienung und Heizung


Die Features im Einzelnen:

  • Schaltleistung 1.2kW / 230V ohmsche Last
  • Schwingungspaket-Steuerung, daher störungs- und geräuscharm
  • Empfang von RC5-Codes aus einer Universalfernbedienung
  • Inkrementelles +/- in 12.5%-Schritten (also 8er-Schwingungspakete)
  • Direktes Anwählen von 0-100% über die 0..8-Tasten der Fernbedienung
  • Ausschalten per "Standby"-Taste der Fernbedienung
  • Ablegen und Wiederherstellen der jeweils letzten Einstellung aus dem EEPROM
  • Automatische Abschaltung (=Dimmgrad 0) nach 8 Stunden betrieb
Projektstatus: Fertiggestellt, Prototyp 03.01.2016-28.02.2016, dannach Leiterplatte s.u.
HW-Status : Leiterplatte 28.02.2016
SW-Status : Version 1.11 21.02.2016
- Dokumentation -
Letzte Änderung Webseite: 04.04.2016 Eagle-Layout und Beschreibung angepasst


Hinweis:
Der Nachbau der Schaltung ist gerade wegen der Netzspannung und hohen Leistung nicht trivial, sollte also nur von Fachkundigen angegangen werden. Insbesondere das Einhalten von Mindestkriechstrecken nach IEC 60664-1 oder VDE-Normen muss beim aktuellen Leiterplattenstand noch mal kontrolliert werden.
Der Autor übernimmt keine Haftung für Sach- und Personenschäden, die aufgrund von Informationen dieser Webseite entstehen. Jeder Leser ist dazu aufgefordert, die hier gegebenen Informationen selber nachzuvollziehen und auf Korrektheit zu prüfen. Verwendete Markennahmen sind Eigentum ihrer jeweiligen Besitzer.


Hardware-Umsetzung
Leistungsdimmer-Schaltplan
Schaltplan der Dimmer-Steuerung


Die Schaltung ist für hohe Betriebssicherheit ausgelegt, nicht unbedingt so bauteilsparsam wie möglich.
Herz der Schaltung IC 1 ist ein PIC 16F88, der über einen IR-Empfänger IC2 TSOP4836 36kHz (der alte TSOP 1736 tut es aber auch) die PCM-Codes der Fernbedienung empfängt und in Zündimpulse für einen TRIAC umsetzt.

Die Spannungsversorgung des Dimmers geschieht per Kondensator-Netzteil - d.h. die gesamte Schaltung liegt auf Netzpotential. Dem zufolge muss die Schaltung zum Schutz gegen Berührung in ein isolierendes Gehäuse eingebaut werden und darf auch nicht ohne weitere Maßnahmen debuggt werden!
Das Kondensatornetzteil nutzt nur eine Halbwelle zur Versorgung der Elektronik, daher ist mit R5,6 und C4,5 noch ein Filternetzwerk aufgebaut, dass Störungen vom Controller fernhalten soll. Der Triac T4 wird über den Transistor Q1 in den Quadranten 2 und 3 gezündet, d.h. mit negativem Gate - das ist auch gleich der Grund für die Nutzung nur einer Halbwelle: Die Controller-Masse liegt -5V unter der Triac-Masse.
Über die drei Widerstände R2 - R4 wird die Nulldurchgangserkennung realisiert. Der PNP-Transistor Q3 und die Schottky-Diode D4 dienen zum Clampen der Eingangsspannung auf VDD- bzw. VSS-Niveau, so daß die inneren Schutzdioden des Controllers hoffentlich keinen injection current sehen. Drei einzelne Widerstände sind notwendig wegen der Spannungsfestigkeit der einzelnen Komponenten.
Der Triac verbrät bei 100% On immerhin 6W Verlustleistung, wenn man die Temperatur des Triac für höhere Langlebigkeit begrenzen will, ist dann schon ein 3K/W-Kühlkörper notwendig. Der BTA12 hat ein isoliertes Tab, man sollte den Kühlkörper also auf Schutzerdpotential legen.

Als Fernbedienung dient eine HEITECH IR-Universal-Fernbedienung Art. Nr. 10 000018 (bei KODI für < 4 €) mit Code 0560 (AUX - Philips) programmiert als RC5-Fernbedienung (...passt damit auch zu PICSEL).
Die LED und der Buzzer zeigen den korrekten Empfang eines IR-Codes an, da man die Änderung der Heizleistung ja anders als beim Dimmen einer Lichtquelle nicht sofort als Rückmeldung sieht. Bei eingeschalteter Last blinkt die LED im Sekundentakt, bei Dimmgrad 0 blinkt sie 1x pro Sekunde.

Hier die Eagle-Layoutdaten (V7.5.0 light), um den Dimmer als "richtige" Leiterplatte herstellen zu lassen - z.B. beim Platinensammler.

Das Board des Dimmers
So sieht das Layout aus - und passt gut in einen 60x60mm Rahmen
Stueckliste:
C1       PAN-X2-470N :: Entstörkondensator, X2, 275VAC / 10%, 0,47µF
C2,C5    X7R-G0805 100N :: SMD-Vielschicht-Keramikkondensator 100N, 10%
C3       RAD 470/16 :: Elektrolytkondensator, 10x12,5mm, RM 5,0mm
C4,C6    SM 100/16RAD    Subminiatur-Elko, radial, 100µF/16Volt
C7,C8    NPO-G0805 15P :: SMD-Vielschicht-Keramikkondensator 15P, 5%
D1,D2,D5 1N 4007 Si-Diode 1000V
D3       ZD 5,1 :: Zener-Diode 1,3W 5,1V
D4       BAT 54 SMD :: Schottky Diode SMD, SOT-23, 30V, 2x0,1A
F1       PL 122100 :: Sicherungshalter, 5x20mm, max. 6,3A-250V
JP1      jumper
LED1     LED3-5000RT :: LED Rot 3mm
Q1,Q2    BC 848C SMD :: Transistor SMD NPN SOT-23 30V 0,1A 0,25W 
Q3       BC 858A SMD :: Transistor SMD PNP SOT-23 30V 0,1A 0,25W 
QZ1      8,0000-HC49U-S :: Standardquarz, Grundton, 8,000000 MHz
R1       2W METALL 100 :: Metalloxidschicht-Widerstand 2W, 5% 100 Ohm
R2,R3,R4 SMD-0805 220K :: SMD-Chip-Widerstand, Bauform 0805, 220kOhm
R5       SMD-0805 10,0 :: SMD-Chip-Widerstand, Bauform 0805, 10 Ohm
R6       SMD-0805 47,0 :: SMD-Chip-Widerstand, Bauform 0805, 47 Ohm
R7       SMD-0805 47,0K :: SMD-Chip-Widerstand, Bauform 0805, 47kOhm
R8       SMD-0805 2,20K :: SMD-Chip-Widerstand, Bauform 0805, 2,2kOhm
R9       SMD-0805 150 :: SMD-Chip-Widerstand, Bauform 0805, 150 Ohm
R10      SMD-0805 1,00K :: SMD-Chip-Widerstand, Bauform 0805, 1kOhm
R11      SMD-0805 100 :: SMD-Chip-Widerstand, Bauform 0805, 100 Ohm
R12,R13  SMD-0805 1,00K :: SMD-Chip-Widerstand, Bauform 0805, 1kOhm
SV1      ICSP-Stiftleiste
U$1      BTA 12/800CW :: Triac, snubberless, 12A 800V 35mA TO-220AB isolierter Tab
U$2      PIC 16F88-I/P PIC-Controller DIL-18
U$3      TSOP 4836 :: IR-Empfänger-Module TSOP4836 36 kHz
X1       AKL 067-02 :: Netzanschlussklemme RM10,0
X2       AKL 057-02      Anreihklemme 2-polig, RM5,08

            
            TRÄGE 6,3A :: Feinsicherung 5x20mm, träge 6,3A
            GS 18P          IC-Sockel, 18-polig, superflach, gedreht, vergold.
            BOPLA ET-215    Euromas II-Gehäuse von Bopla
            2x MBF12 :: Metrische Kabelverschraubung, 3-6,5mm, M12
            2x MGM12 :: Metrische Gegenmutter für MBF 12
            V 5224C :: Profilkühlkörper, 37,5x54x22,5mm, 5,7K/W
            (alternativ: V 4329F :: Profilkühlkörper, 50x120x32mm, 2,5K/W)
            3x M3 Schraube 10mm lang 

Alle Bauteile sind via Reichelt-Elektronik zu beziehen, inklusive Gehäuse landet man so bei etwa €28,-.
Aufgebaut habe ich die komplette Schaltung des Prototypen zunächst auf Lochrasterplatine (siehe Elektronik - Basteltips), dann habe ich bei www.platinensammler.de Leiterplatten herstellen lassen.

Die Lochrasterplatte des Prototyps Die Platine im Gahaeuse
Der Prototyp und die Leiterplatte der Dimmer-Elektronik im Gehäuse
Rechts gucken der IR-Empfänger und die LED aus dem Gehäuse, oben der dicke Kühlkörper für den Triac


Erweiterungen

Da der Controller noch massig I/Os übrig hat, kann man natürlich auch noch Tasten zum manuellen Schalten der Leistungsstufen vorsehen.


Software


Als C-Compiler - wie eigentlich immer bei meinen PIC-Projekten - kommt der CC5x (in Version 3.5D) von BKND zum Einsatz
Hier gibt es die aktuellste C-Quelle, List- und Hexfile (cc-by-sa Lizenz, siehe unten) zum download.

Versionshistorie:
V1.0 Erstausgabe (01.01.2016)
V1.1 Schnellere Zündentscheidung ohne Jitter (07.01.2016)
    die Bitmaske für den Vergleich mit dem dimmgradabhängigen Zündmuster FirePattern[] wird inkrementell geshiftet und nicht mehr jedes mal neu berechnet
    -> stabile und kürzere Latenzzeit zwischen Zero-Cross und Zündimpuls. Außerdem wird die Standby-Taste für das Abschalten genutzt.
    Eine automatische Abschaltung auf Dimmgrad 0 ist auch noch dazugekommen.
V1.11 Pinchange für einfacheres Layout. (21.02.2016)

Struktur
In der main-Hauptschleife wird im wesentlichen die RC5-Auswertung, LED- und Beep-Steuerung sowie die Uhr betrieben. Die Ansteuerung des Triacs läuft komplett in den Interrupts für Timer1 und Timer2.

RC5 - Routinen
Die RC5-Routinen sind wieder von Jos van Eijndhoven, wie in den Projekten Picsel - Fernbedienung für Verstärker (Picsel) und EVG-Dimmer
. Ausgewertet werden die Tasten 0,1...8 sowie + und -. Bei korrektem Empfang macht es kurz Beep.

EEPROM
Um das EEPROM zu schonen, wird der letzte Dimmungswert (0,1...8) erst nach 5s ohne Änderung in drei EEPROM-Zellen abgelegt. Beim Wiederherstellen nach einem Reset wird über eine 2 aus 3-Auswahl das Maximum aus der EEPROM-Lebensdauer geholt.

Dimmgrad
Die fallende Nulldurchgangs-Flanke am Capture-Timereingang löst einen Interrupt aus und stoppt den Messvorgang mit Timer1. In der ISR wird der Triac-Zündimpuls 1 gestartet und das Capturing von Timer 1 wieder auf die nächste Flanke gesetzt. Zum Erzeugen des Timings für die zwei Zündimpulse wird Timer2 benutzt, der bei Ablauf jeweis einen Interrupt generiert. In in Abhängigkeit vom internen State wird das Gate nach 200us im Timer2-Int wieder gelöscht und nach 800us Pause noch einmal ein 100ms-Puls gesetzt. Die nächste Flanke von Zero-Cross-Signal wiederholt den Vorgang entsprechend. Das Doppelzünden macht Philips bei der millionenfach verkauften Senseo mit dem 1.4kW Boiler auch so, scheint ganz gut zu funktionieren.
Wie viele und welche der 8-er Schwingungspakete genutzt werden, hängt von der FirePattern[9]-Tabelle ab, in der das Zündmuster entsprechend der Leistungsstufe abgelegt ist.


Messungen

 

Trigger- und Zero-Crosssignal
Gatetrigger- und Zero-Crosssignal

 

Trigger- und Zero-Crosssignal
Gatetrigger- und Zero-Crosssignal im Detail: Erster Puls 200us, 800us Pause, zweiter Puls 100us

 

Trigger- und Zero-Crosssignal
Gatetrigger- und Zero-Crosssignal für die positive Halbwelle, Zündung des Triacs 79.5us nach dem Nulldurchgang

 

Trigger- und Zero-Crosssignal
Gatetrigger- und Zero-Crosssignal für die negative Halbwelle, Zündung des Triacs 16us vor dem Nulldurchgang